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Sozialraumorientierung

Inklusive Sozialräume aktiv gestalten – Sozialraumorientierung in der Eingliederungshilfe unterstützt durch die Etablierung von Budgetlösungen im Land Bremen

Einführung
Die UN-Behindertenrechtskonvention sowie das Bundesteilhabegesetz fordern dazu auf, die Eingliederungshilfe und damit insbesondere die Assistenz im Sinne der leistungsberechtigten Personen weiterzuentwickeln und auf am Sozialraum orientierte Leistungsangebote durch die Leistungserbringer hinzuwirken. Anstelle von Defiziten der Leistungsberechtigten sollen zukünftig deren Wille und bestehende Ressourcen (persönliches Umfeld sowie der Sozialraum) in den Mittelpunkt rücken. Um diese Vorgaben in die Praxis umzusetzen, wurde im Jahr 2024 das Projekt „Inklusive Sozialräume aktiv gestalten – Sozialraumorientierung in der Eingliederungshilfe unterstützt durch die Etablierung von Budgetlösungen im Land Bremen“ ins Leben gerufen.

Nachfolgend erhalten Sie weitere Informationen zum Projekt
• Was wollen wir erreichen und wie wollen wir es erreichen?
• Herangehensweise in Bremen
• Herangehensweise in Bremerhaven
• Zusammenarbeit mit den Interessensvertretungen
• Zentrale Themen
• Allgemeine Informationen zum Fachkonzept "Sozialraumorientierung"
• Kontakt

Mit dem Projekt werden folgende Ansätze verfolgt:
• Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes.
• Behinderte Menschen entscheiden selbst, wie sie leben wollen.
• Leben in Nachbarschaften gemeinsam mit anderen Menschen.
• Mitarbeitende verstehen sich als Assistenzkräfte und nicht als Betreuer:innen.

Um die genannten Punkte in Bremen und Bremerhaven verstärkt zu initiieren, startete 2024 das Projekt „Inklusive Sozialräume aktiv gestalten – Sozialraumorientierung in der Eingliederungshilfe unterstützt durch die Etablierung von Budgetlösungen im Land Bremen“. Ein zentraler Baustein bei der Umsetzung ist das Fachkonzept "Sozialraumorientierung" nach Prof. Wolfgang Hinte. Dieses Konzept basiert auf fünf Prinzipien, die für uns leitend sind. Diese sind:
• Orientierung am Willen der Menschen,
• Unterstützung von Eigeninitiative und Selbsthilfe,
• Konzentration auf Ressourcen,
• zielgruppen- und bereichsübergreifende Sichtweise sowie
• Kooperation und Koordination.

Mit dem Projekt wird der Ansatz verfolgt, dass Leistungsberechtigte vermehrt vorhandene sozialräumliche Angeboten nutzen, Ressourcen der Quartiere erschlossen werden (Teilhabe in den Stadtteilen) sowie die Angebote der Eingliederungshilfe stärker mit anderen Angeboten verknüpft werden.
Doppelstrukturen sollen verringert werden.

Die adressierten Personengruppen sind Erwachsene mit kognitiver und/oder mehrfacher Behinderung sowie Menschen mit seelischer Behinderung. Wichtig; Individuelle Leistungsansprüche bleiben bestehen.

Damit dieser Ansatz erfolgreich umgesetzt werden kann, sind wirtschaftliche und strukturelle Rahmenbedingungen erforderlich, die es den Leistungserbringern der Eingliederungshilfe ermöglichen, ihre Angebote entsprechend den Anforderungen sozialräumlich und inklusiv weiterzuentwickeln und bei Bedarf zu erweitern. Im Rahmen des Projekts werden Budgetlösungen als unterstützende Finanzierungsvariante erprobt. Ziel ist die Weiterentwicklung der Assistenzleistungen im Land Bremen bei flexibler und kostenbewusster Gestaltung.

Im Jahr 2024 fanden erste Gespräche mit Leistungserbringern in Bremen statt. Seit Anfang 2025 befindet sich die ASB Seelische Gesundheit gGmbH im Singulären Trägerbudget. Dabei handelt es sich um ein einzelnes Budget für einen bestimmten Träger. Dieses umfasst einen vorab definierten Geldbetrag, den der Leistungserbringer für ein bestimmtes Mengengerüst erhält. In Bremen umfasst das Mengengerüst neben der reinen Anzahl an Nutzer:innen auch die Verteilung nach Hilfebedarfsgruppen.

Konkret umfasst das Budget des ASB die folgenden Angebote:
- Besondere Wohnform,
- ambulante Wohnangebote sowie
- Beschäftigung und Tagesstruktur.

Die Umsetzung in Bremen unterscheidet sich von jener in Bremerhaven. Dies liegt neben der Anzahl der Leistungserbringer auch am Startzeitpunkt. In Bremen begann die erste Phase des Projekts Anfang 2024, in Bremerhaven fanden die ersten Gespräche mit interessierten Leistungserbringern dagegen ab Herbst 2024 statt. Dies hat den Vorteil, dass in Bremen konkrete Erfahrungen gesammelt werden können, die dann bei der Initiierung von Sozialraumorientierten Trägerbudgets in Bremerhaven herangezogen werden können.

In Bremerhaven ist das Ziel ein Sozialraumorientiertes Trägerbudgets. Dies beinhaltet, dass einzelne Leistungsanbieter aus dem gleichen Sozialraum (in diesem Fall Bremerhaven) mit dem Leistungsträger ein Budget verhandeln. Um Synergien für den Sozialraum gemeinsam zu erzielen ist eine stärkere Zusammenarbeit grundlegend. Ort für den Austausch und die Koordination des Zusammenwirkens ist die Sozialraumkonferenz. Mit Abschluss eines Budgets verpflichtet sich jeder Leistungsanbieter zur Mitwirkung an der Konferenz. Durch die Kooperationen untereinander sowie mit anderen Akteuren im Sozialraum sollen passgenaue Unterstützungsarrangements geschaffen werden, die auf dem Willen und den Ressourcen der Leistungsberechtigten basieren.

Aktuell befinden sich sechs Anbieter im Austausch mit dem Leistungsträger und haben ihr Interesse signalisiert. Der Abschluss erster Vereinbarungen ist für Anfang 2026 angestrebt, um anschließend gemeinsam mit der praktischen Umsetzung des Fachkonzepts Sozialraumorientierung zu beginnen.

Wichtig:
Allen in Bremerhaven tätigen Leistungserbringern steht es frei, sich jeweils zu Beginn eines Jahres durch den Abschluss einer Vereinbarung über ein Sozialraumorientiertes Trägerbudget aktiv an dem Modellprojekt zu beteiligen.
Leistungserbringer, die keine Budgetnehmer sind, sind dennoch eingeladen, als beratende Mitglieder an der Sozialraumkonferenz teilzunehmen.

Eine Beteiligung der Interessensvertretung findet auf zwei Ebenen statt.

Die institutionalisierte Interessensvertretung im Land Bremen, bestehend aus dem Landesteilhabebeirat, dem Inklusionsbeirat Bremerhaven sowie den Landes- und Kommunalen Behindertenbeauftragten, ist von Beginn an beteiligt. Neben der Teilnahme an Fortbildungen zum Fachkonzept und an Fachveranstaltungen in Bremen und Bremerhaven betrifft dies insbesondere den Austausch in der Vertragskommission und im Begleitausschuss zum Bundesteilhabegesetz. Darüber hinaus finden immer wieder bilaterale Gespräche mit Verbänden und Institutionen zur Umsetzung des Konzepts statt. Für Ende 2025/Anfang 2026 ist eine weitere Informationsveranstaltung für die Interessensvertretungen geplant. Ziel ist es, transparent über den Status quo der Umsetzung des Projekts zu informieren.

Parallel dazu findet seit Anfang 2025 eine regelmäßige Nutzer:innenbeteiligung beim ASB statt. Der erste Workshop trug den Namen „Leben, wie ich will!”. Neben der Klärung der Frage, was Sozialraumorientierung genau bedeutet, wurde gemeinsam der Ortsteil Hemelingen erkundet. Eine ähnliche Herangehensweise ist bei allen weiteren Leistungsanbietern, die ins Projekt einsteigen, geplant. Die Workshops werden von der Senatorin für Soziales in Zusammenarbeit mit der Akademie für Sozialraumorientierung und Inklusion sowie Carolin Emrich (Dipl.-Behindertenpädagogin) konzipiert und umgesetzt.

• Controlling
Ausgangspunkt und handlungsleitend ist das Fachkonzept "Sozialraumorientierung". Daraus ableitend ist es unabdingbar mit Hilfe eines gut funktionierenden Controllings die qualitative sowie quantitative Entwicklung sichtbar zu machen. Dies gilt gleichermaßen für Leistungsanbieter im Singulären als auch im Sozialraumorientierten Trägerbudget.
Alle drei Monate finden hierfür mit jedem Leistungsanbieter Steuerungsgespräche statt. Neben dem Abgleich der aktuellen Leistungsdaten (Anzahl an Leistungsberechtigten sowie die Hilfebedarfsgruppen) geht es ferner um die qualitative Entwicklung.

• Ziele- und Maßnahmenplanung (Balanced Scorecard)
Insbesondere die qualitative Entwicklung wird in der Ziele- und Maßnahmenplanung abgebildet. Zur Steuerung und für eine ausgewogene Sicht auf die Umsetzung wird das Tool der Balanced Scorecard eingesetzt. Konkret wird ein Ziel wie beispielhaft "Willen und Ressourcen der Nutzer*innen erkunden" runtergebrochen in durchzuführenden Aktionen. Der Status Quo wird schriftlich festgehalten und im Steuerungsgespräch erörtert.

• Externe Begleitung/ Evaluation
Eine externe wissenschaftliche Begleitung soll dazu beitragen, die Erfahrungen der Nutzer:innen sichtbar zu machen. Durch die Darstellung mittelfristiger Werdegänge einzelner Nutzer:innen sowie durch Einzelinterviews soll ein umfassendes Bild erzeugt werden. Im Fokus stehen dabei unter anderem folgende Fragen:
• Wie nehmen die Nutzer:innen den verstärkten sozialraumorientierten Ansatz des Leistungsanbieters wahr?
• Welche positiven und negativen Unterschiede sind dabei erkennbar?
• Inwieweit werden individuelle Bedürfnisse und Ansprüche in den Angeboten berücksichtigt?
• Fühlen sich die Nutzer:innen durch die Neuausrichtung der Arbeit des Leistungsanbieters im Sozialraum selbstbestimmter und unabhängiger?

• Fallunspezifische Arbeit (FuA)
Die Leistungsanbieter im Projekt sollen befähigt werden, bereichsübergreifende Strukturen, Angebote und Netzwerke im Sozialraum zu erschließen. Ein erster Schritt besteht in einem intensiveren Austausch mit dem Quartiersmanagement oder anderen Multiplikator:innen. Die systematische Informationssammlung wirft anschließend die Frage auf, wie und wo sozialräumliches Wissen dauerhaft und möglichst aktuell aufbereitet und zugänglich gemacht werden kann.

Das Projekt basiert auf dem Fachkonzept der Sozialraumorientierung nach Prof. Wolfgang Hinte mit fünf Handlungsprinzipien, mittels derer sich Organisationen sozialraumorientiert entwickeln können. Es dient der Entwicklung inklusiver sozialraumorientierter Lebensverhältnisse von Menschen mit Behinderungen und rückt dabei den Willen, die Interessen und die Ressourcen der leistungsberechtigten Personen in den Vordergrund.

Die fünf Handlungsprinzipien lauten:
• Wille
• Eigeninitiative
• Ressource
• Kooperation
• Alltagsnähe (Sozialraum)